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Nachwort - Reflexion des Entstehungsprozesses

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Die Entstehung des Klimaplans von unten war ursprünglich in fünf zeitlich aufeinander folgende Phasen gegliedert:

  1. Idee bekannt machen und Mitschreibende suchen
  2. Maßnahmen aufschreiben
  3. Feedback einholen
  4. Feinschliff
  5. Veröffentlichung

Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass es nicht praktikabel ist, die Schritte nacheinander abzuarbeiten. Das lag daran, dass spätere Schritte (wie Feedback einholen) frühere Phasen (wie Maßnahmen aufschreiben) beeinflussen. Beispielsweise ist auch die Hürde für die Beteiligung niedriger, wenn bereits Inhalte vorhanden sind, die den Menschen Ideen geben, in welche Richtung sich das Projekt entwickeln könnte.

Des Weiteren stellten wir bald fest, dass nach den geplanten sechs Monaten Schreibprozess kein fertiges Dokument zur Verfügung stehen würde. Auch musste der Anspruch an den Klimaplan angepasst werden. Denn ob überhaupt ein Dokument entstehen könnte, welches dann nur noch in die Tat umgesetzt werden müsste und das gleichzeitig mit erdrückender Beweislast zeigen würde, dass im gegenwärtigen System (die Veröffentlichung sollte sich auch an die Bundesregierung richten) keine nennenswerten Schritte in Richtung Klimagerechtigkeit möglich sind, war fraglich.

Stattdessen zeigte sich, dass die Verhandlungen darüber, was Klimagerechtigkeit ist, überhaupt erst geführt werden müssen – jedenfalls in einem Kreis, der nicht nur die radikaleren Klimagerechtigkeitsgruppen umfasst. Genau dafür möchte der Klimaplan von unten eine
Plattform sein und deswegen ein lebendiges, veränderbares Dokument bleiben.

Im folgenden möchten wir die einzelnen Phasen der Entstehung kritisch durchleuchten und unsere Erfahrungen teilen:

1. - Mitschreibende suchen und 2. - Maßnahmen aufschreiben

Auf der Suche nach Mitschreibenden erhielten wir viel positive Resonanz auf unsere Idee. Die Ansicht, dass ein solcher Plan ein wichtiger Schritt in der Klimagerechtigkeitsbewegung sei, wurde oft geteilt. Gleichzeitig stießen wir nur selten auf die Bereitschaft, aktiv am Plan mit zuschreiben. Das mag teilweise an vollen Terminplänen liegen, kann aber nicht bloß auf diesen Umstand zurückgeführt werden.

Eine Methode, um Mitschreibende zu animieren, waren sogenannte Write-Ins. Dieses Format basierte auf der Idee, mit interessierten Menschen in einem physischen Treffen an dem Klimaplan zu arbeiten und bereits bestehende Inhalte zu diskutieren. Die Ergebnisse dieser Write-Ins legen nahe, dass das Format für einige Teilnehmende zu akademisch und daher zu hochschwellig war und auch abschreckend auf andere Menschen wirkte. Dennoch wurden die Write-Ins von Teilnehmenden auch oft als Erfahrung der Selbstermächtigung beschrieben.

3. - Feedback

Der Klimaplan von unten hat den Anspruch global und sozial gerecht zu sein und möglichst viele, unterschiedliche Perspektiven mit einzubeziehen. Dazu gehören vor allem auch Sichtweisen von Menschen, die besonders von den Auswirkungen der Erderwärmung betroffen sind, sowie die Sichtweisen von marginalisierten und auf verschiedenste Weisen diskriminierten Gruppen. Jetzt, nach fast einem Jahr müssen wir feststellen, dass es uns nicht ausreichend gelungen ist – sowohl im Schreibprozess selbst, als auch durch das Einholen von Feedback zu fertigen Maßnahmen – eine diverse Gruppe von Menschen in den Schreibprozess des Klimaplan von unten mit einzubeziehen. Wir haben bislang noch nicht genug konkretes Feedback bekommen, um wirklich von globaler und intersektionaler Gerechtigkeit sprechen zu können. Um die von uns gewünschte Auseinandersetzung zu erreichen, versuchen wir weiterhin Kontakte aufzubauen und aufrecht zu erhalten.

Den Schluss, den wir daraus ziehen ist, dass wir unser Vorgehen kritisch hinterfragen müssen. Wie so oft in der deutschen Klimagerechtigkeitsbewegung, die vor allem von einer weißen Mittelschicht geprägt ist, war unser Vorgehen nicht inklusiv genug, um für alle Menschen ansprechend zu sein. Mit der ersten Auflage wollen wir dieses sich wiederholende Phänomen aufzeigen und gemeinsam reflektieren, um daran zu wachsen. Wir wünschen uns solidarisch-kritisches Feedback und freuen uns über Hinweise, wie wir inklusiver in unserem Schreiben, Denken und Handeln sein können. Darüber hinaus wollen wir eine herzliche Einladung an alle Menschen aussprechen, die ihre Perspektive in dieser ersten Auflage des Klimaplan von unten noch nicht vertreten sehen, sich mit den jeweiligen Themen einzubringen. Wir als Kampagne wollen lernen, wie wir bisher oft marginalisierte Kämpfe sichtbar machen
und die beteiligten Personen unterstützen können.

4. - Feinschliff – einfache, zugängliche Sprache

Ziel des Feinschliffs sollte, neben optischer Aufbereitung und Fehlerkorrektur, vor allem eine einfache Sprache sein, die so wenig Verständnishürden wie möglich aufbaut. Mit zunehmender Zahl von Textbeiträgen wurde uns klar, dass viele Maßnahmen in wissenschaftlicher Sprache geschrieben werden müssen, um den Inhalt angemessen zu vermitteln. Außerdem setzen viele Maßnahmen ein umfangreiches Wissen über grundlegende Konzepte voraus. Gleichzeitig stellt das Format ‚Text‘ überhaupt schon eine große Hürde dar. Diesen Problemen wollen wir auf verschiedene Weisen begegnen:

  • Durch die Übersetzung des Klimaplan von unten in einfache Sprache. Dadurch können die originalen Maßnahmentexte erhalten bleiben und gleichzeitig eine inhaltlich reduzierte, aber leicht verständliche Version angeboten werden. Da uns für dieses größere Projekt derzeit die Kapazitäten fehlen, muss es auf die zweite Auflage verschoben werden.
  • Durch Anlegen eines Glossars, das die wichtigsten Schlagworte sehr knapp beschreibt. Das erspart das Nachschlagen anderswo und reduziert den zusätzlichen Leseaufwand auf ein Minimum.
  • Durch das Vermitteln der Inhalte des Klimaplans in anderen Formaten, insbesondere mit Hilfe von Infografiken und Erklärvideos. Auch damit wurde gerade erst begonnen und wir hoffen, nach der Veröffentlichung immer mehr Material ergänzen zu können.


Eine weitere Aufgabe des Feinschliffs sollte das Einarbeiten von Feedback und das Ausräumen inhaltlicher Dopplungen und Widersprüche sein. Die Schwierigkeiten in diesem Prozess lagen darin, dass viele Beiträge eine grundlegende Kritik sind und manche inhaltlichen Fragen sich nur mit fundiertem Fachwissen (über das die Feinschleifenden nicht verfügen) klären lassen. Und schließlich
kann im Fall von Widersprüchen nicht eine kleine Gruppe entscheiden, was „richtig“ ist. Das muss über den größeren Diskurs passieren. Daher werden widersprüchliche Ideen in dieser Auflage abgebildet, um dann hoffentlich rege diskutiert zu werden.

5. - Veröffentlichung

Die Veröffentlichung erfolgt als Website und als Printmedium in sehr kleiner Auflage beziehungsweise als PDF. Dabei sind über die Website sämtliche bisher erstellten Inhalte einsehbar und genauso die Kommentare, die bisher gemacht (aber nicht eingearbeitet) wurden. Die Seite soll zusätzlich Schrittweise um Illustrationen und Erklärvideos ergänzt werden.

In der Print-Auflage sind nur die redaktionell bearbeiteten („feingeschliffenen“) Texte enthalten. Da wir hoffen, dass diese Auflage relativ schnell überholt sein wird, soll sie nur in sehr kleiner Zahl gedruckt werden und kaum öffentlich Verbreitung finden.

Stand der Übersetzung

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Ausgehend:

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